Die Gerinne und die Stätte des Textilhandwerks
Das Casa dei Turchi ist heute noch das erste Haus außerhalb der Stadtmauern in Richtung Süden, sofort nach der Brücke, das mit dieser direkt verbunden ist. Warum wurde es erbaut? Zu welchem Zweck? Die bekannten Daten sind folgende: Das Casa dei Turchi tritt erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts in Drucken auf, fünfzig Jahre nach der Besiedlung des neuen Viertels hinter der Brücke Ponte Forbato, in Zusammenhang mit der Energiegewinnung aus Wasserkraft mithilfe von Gerinnen und Mühlen, wahrscheinlich um Webrahmen zu betätigen; verschiedene Notarbücher aus dem späten 17. Jahrhundert enthalten Erb- und Verkaufsurkunden zu diesem Haus, die nur Mitgliedern der Familie Mona (ein venezianischer und kein türkischer Name) betreffen.
Das Haus wurde also vermutlich im 17. Jahrhundert zusammen mit weiteren Häusern des neuen Stadtviertels San Tomaso errichtet. Vielleicht wollte man entlang des Flusses, jedoch so nahe wie möglich an der Stadt, unter Verwendung der Wasserkraft mithilfe einer Gerinne- und Mühlenanlage eine Stätte für handwerkliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Weberei und der Seidenherstellung errichten. Dieses Haus armer Leute - und nicht reicher Herren - beherbergte Handwerker in einer kargen, funktionellen, aber schlichten und platzeffizienten Architektur: nicht sehr hohe Decken, steile Treppen, Böden mit langen Holzdielen, Untergeschosse und Diensträume nahe am Wasser, direkt über dem Gerinne.
Für uns stellte die Restaurierung des Casa dei Turchi vor allem eine historisch-philosophische sowie semantische Aufgabe im Rahmen der urbanistischen und baulichen Archäologie und erst in zweiter Hinsicht eine strukturelle und materielle Restaurierung dar. Die wahre Wertigkeit des Werkes entsteht letztendlich in Verbindung mit dem Interesse und Genuss seitens der Nutznießer der historischen und landschaftlichen Aspekte, der einzigartigen urbanistisch-landschaftlichen Lage, der spektakulären Aussicht auf die Burg und die alten Ortschaftsteile, der Allgegenwart des Wassers, der seit Jahrhunderten das Haus bespült.